Stilus e.V. blickt froh und forschend auf Meer und Landschaft, Schöpfung und Chaos, gestern, heute und morgen
Detlef Denzer
begrüßt am 6. November 2022 die Gäste der Vernissage "Der Weite Blick" in der Kulturkirche Petzow, dankt Kulturreferentin Doris Patzer für die 20-jährige Unterstützung durch den Landkreis Potsdam-Mittelmark und stellt die Künstlergruppe "Kulturpunkt Stilus e.V." vor, die mit ihren individuellen Ansichtssachen zum diesjährigen Thema "Der Weite Blick" die Wände im Kirchenraum illuster füllt:
Das Musiker-Duo Olaf Kaminski und Ralf Eisinger
spielt auf. Seit gefühlten 50 Jahren haben die beiden nicht mehr zusammen öffentlich musiziert. Die Harmonien stimmen dennoch - klanglich wie chemisch. Besucher ihrer Generation erinnern sich ebenso lebhaft wie nostalgisch an Kaminski & Gottemeier, die unvergessenen DDR-Liedermacher der 1970er-Jahre - links im Jugendstil, rechts in einer Altherren-Version von 2022 in Potsdam:
Besonders der Korallen-Song mit seiner spöttischen Note aus Olaf Kaminskis Schreib- und Musikwerkstatt trifft im Publikum auf manch einen erlahmten rebellischen Nerv gegenüber dem staatlichen Überbau.
Lauschen Sie doch mal selbst hinein und fühlen Sie sich ennerviert:
Fotos: Helga Lehner
Mit ihrem musikalischen Auftakt gibt das Duo Kaminski-Eisinger den Ton an für den anschließenden Museumsgang entlang an 2022er-Kunstwerken aus heiteren bis bedenklichen Blickwinkeln.
Das Publikum mag das.
Und zeigt es.
"Der weite Blick" ...
geht mit Ellen Ernst über die Weite des Meeres mit der Verheißung eines neuen Horizonts und über den bewegten Wasserspiegel des Sees in eine entrückte urbane Zivilisation:
"Der weite Blick" ...
streift mit Peter Scholz über Havelseen und Havelwälder und taucht ein in ihren Wellness-Mehrwert für Auge und Geist, Muskel und Körper:
"Der weite Blick" ...
nimmt mit Helga Lehner und ihrem feinen Kameraauge unsere durch Erderwärmung und Klimawandel gefährdete Brandenburger Natur kritisch in den Fokus - ungeschönt und dennoch ästhetisch:
"Der weite Blick" ...
lenkt mit DEJO Denzer die Fantasie der Besucher. Humorvoll auf eine Schiffsreise bei starkem Seegang mit oft unfreiwilliger Abgabe von Fischfutter. Und tiefgründig auf die Turbulenzen unserer Zeit mit ihren gesellschaftlichen wie geopolitischen Herausforderungen, von denen der Optimist Denzer sagt: "Jedes Problem ist eine Möglichkeit" und der Skeptiker: "Jede Möglichkeit ist ein Problem."
Als Beigabe zum Gemälde lachen zwei "Schuhcharakterköpfe" des Künstlers die Besucher an - eine findige Handwerkskunst mit künstlerischem Alleinstellungsmerkmal, die DEJO Denzer auf der Internationalen Kunstausstellung NordArt 2022 in Büdelsdorf bei Kiel den Ruf- und Kosenamen Shoe Man bescherte, scharenweise verzückte Frauen mit einem Faible für alternatives Schuhwerk einhandelte und schließlich nach langen vier Monaten verdient den Publikumspreis einbrachte. Seine Schuh-Ansichten 2022 gibt's virtuell zu bestaunen in meinem Juni-Blog unter https://www.schwielowschwatz.de/post/einer-unter-200-und-dennoch-einzigartig und demnächst live noch einmal auf der NordArt 2023. Publikumslieblinge werden ein zweites Mal eingeladen - ohne das harsche Auswahlverfahren unter Tausenden an Mitbewerbern. NordArt 2023 - ein lohnendes Ziel! Für den Künstler und seine BesucherInnen. Nix wie hin!
"Der weite Blick" ...
schweift mit Thomas Wiersberg aus dem Inneren von altem wie modernem Gemäuer hinaus in die Offenheit einer breiteren Perspektive, nicht nur seiner Kamera. Das ist Horizonterweiterung "weit über den eigenen Tellerrand hinaus", wie er sagt:
"Der weite Blick" ...
lädt mit Thomas Scheffer zu einem zweiten Blick ein - auf die schemenhaften Figuren und Umrisse in seiner Nebellandschaft in Portugal:
Foto links: Helga Lehner
"Der weite Blick" ...
fängt mit Dietmar Steinkamp und seiner gekonnt gehandhabten AI (Artificial Intelligence - Künstliche Intelligenz) den Horror des Ukraine-Krieges ein. Echte Fotos aus der Ukraine sind versatzstückhaft (mit menschlichen Körperteilen, zerbombten Hausfassaden, Kriegsmaschinerie, Kriegstreiber Putin) in der Bildkomposition mit zusätzlich angeforderten künstlichen Fotoelementen zu erkennen. Zusammen liefern sie nach seiner Gestaltungsidee "durch künstliche Intelligenz gestützte Blicke in den Abgrund":
Noch nicht klar, sein Gestaltngprinzip? Dann hilft vielleicht des Meisters Wort:
"Der weite Blick" ...
stellt sich mit Olaf Kaminskis farbintensiven Comic-Figuren gegen die düsteren Ausblicke auf die Zukunft, wie sie etwa in den Katastrophenvisionen des Nostradamus aus dem 16. Jahrhundert überliefert sind und bis heute astrologisch zum Jahreswechsel voraussagend bemüht werden. "Also mach besser keine Pläne, wenn Du nicht in die Zukunft schauen kannst", sein ebenso lakonischer wie freundschaftlicher Rat.
Die weitere Blickrichtung
auf der Vernissage ging in verständige Gespräche über Kunst, mit Künstlern und miteinander über:
bei entspannter geselliger Grundstimmung
Schwarz-weiß-Foto: Helga Lehner
und ging schließlich in einem gnadenlos schönen Herbstabend unter:
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