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AutorenbildHilda Steinkamp

Wieland Rödel - "Den Mann kenn' ick, bei dem hatt' ich mal Unterricht!"

Aktualisiert: 16. Mai 2023

Der Potsdamer Künstler im Kreise seiner Wegbegleiter

Wieland Rödels Ausstellung "Blumen und Landschaft" in der Kulturkirche Petzow

Komfortabel zu spät komme ich in die Schinkel-Kirche in Petzow. Zur Ausstellungseröffnung "Blumen und Landschaft" am 16. April 2023 erhasche nur noch die Schlussklänge des Instrumentalkreises der Auferstehungsgemeinde Potsdam, der unter der Leitung und Mitwirkung von Margarete Gülzow die eröffnenden Takte angegeben hatte.

Der Instrumentalkreis der Auferstehungsgemeinde Potsdam - Foto: Jürgen Raddatz
"Komm, holder Lenz ..."

intonieren die 11 Musikerinnen nach Haydns Weise - frohlockend zur Jahreszeit und nachträglich als Jubelklang zu den 80 Lenzen, die der Potsdamer Maler Wieland Rödel seit Anfang 2023 zählt und mit erfüllenden Aufgaben als Künstler und Kunsterzieher verbracht hat.

Doris Patzer mit Wieland Rödel
"Sie haben sich selbst ein Geschenk gemacht",

lobt Kulturreferentin Doris Patzer das geschickte Timing der bereits dritten Ausstellung des Potsdamer Malers in Petzow.



Und zum musikalischen Ständchen fürs Geburtstagskind hat sich natürlich auch eine muntere Gästeschar im Kirchenraum eingefunden. Die Holzbänke sind bis auf den letzten Platz besetzt. Kunstgenuss lässt das schlichte Sitzmöbel vergessen.


Andächtig ist die Stille beim Konzert im seit 1988 entwidmeten ehemaligen Sakralbau nach Schinkels Plänen,


rauschend der Applaus danach, von Bravo-Rufen übertönt,


hochzufrieden das Musikensemble,


heiß begehrt und bald leergeräumt das schmackhaft zusammengestellte Büffet,


heftig umlagert der Verkaufsstand mit Jahreskalendern, Skizzenblöcken, laminierten Tischsets und Lesezeichen, die die Kasse bald füllen.


Das Herzstück der Veranstaltung belebt die gewollt schmucklos gehaltenen Wände des Schinkelschen Kirchenschiffs. 25 Aquarelle, Öl- und Acrylgemälde bilden einen farbenfrohen Rahmen für dieses lebendige Kulturereignis. Rose und Raps, Mohn und Flieder und auch Tulpen gehören zur floralen Motivauswahl des Malers auf der aktuellen Ausstellung.

Blumen - eine frühe Leidenschaft

"In meinem Zimmer, da hab ich mich schon als Kind abgekapselt und sonderbarerweise Blumen gemalt, stilisiert", blickt Wieland Rödel zurück auf die Anfänge seiner kreativen Ader. "Und ein Bild hab ich mal gemacht, das hat mir der Klassenlehrer dann abgeschwatzt, er wollt's haben. Lauter Schneeglöckchen hab ich gemalt, alle mit Füßen. Der fand das so sonderbar."

> Und warum mit Füßen?

"Der Titel hieß: 'Schneeglöckchen, komm'."

Eine fantasievolle figurale Umsetzung des deutschen Winterliedes?

> Haben die Kunstlehrer Sie so frei gewähren lassen oder kamen die mit akademischen Vorgaben?

"Ja, war nicht immer so ... hm, einfach. War da schon so'n bisschen eingeengt. Freie Themen gab's seltener."


Hier kommt seine Vielfalt freien Kunstschaffens:


Gudrun und Wieland Rödel

> Über 20 Ausstellungen, 1000 Bilder und mehr ...

"..., schätzt meine Frau. Hab' auch was verkauft, ab und zu muss man ja auch mal was loswerden."

> Schmerzliche Verluste?

"Manchmal tut's weh. Aber wenn ich jemandem damit eine Freude machen kann ..."


Kann er. Viele der Besucher, mit denen ich ins Gespräch komme, nennen einen echten Rödel ihr Eigen. Und wollen ihn nie wieder hergeben.

Landschaftliche Juwelen

in Fluss- und Kulturlandschaften zwischen Nieplitz, Havel und Schwielowsee, zwischen Beelitz, Werder und Wachtelberg, Potsdam und Sanssouci - sie stammen allesamt aus Brandenburg, dem Ursprungsland des Künstlers, und haben seinen Augen-Blick gefangen.


Mit einem Klick auf den Pfeil > am rechten Bildrand geht's auf einen malerischen Spaziergang:

Mit dem Skizzenblock und ein paar Farbstiften sei er viel schneller als mit der Malerstaffel plein air. So halte er den Eindruck fest und zur Not habe er ja noch den Fotoapparat. Für Feinheiten, die er später nutzen kann. Dann geht's zurück ins heimische Atelier, wo nach seinen Entwürfen die skizzierte Szene allmählich Form und Farbe annimmt. Auch in verschiedenen Variationen.


Kunst machen und lehren

- das war und ist Wieland Rödels symbiotische Begabung - nach dem Studium des Lehrberufs und der Kunsterziehung, später auch der Geschichte, in Potsdam und Erfurt ausgelebt in langen Jahren der pädagogischen Praxis in Ziesar, Brandenburg und Potsdam. Auch nach dem gesellschaftlich verhängten Ende seiner Lebensarbeitszeit bleibt der Künstler rege in seinem gestalterischen Element und lockt interessierte "Montagsmaler" in seinen gleichnamigen Malzirkel nach Potsdam.

Sechs Jahrzehnte Ost-West-Künstlergeschichte

begegnen mir mitten im Trubel der Museumsgänge auf der Vernissage - in Personalgestalt.

1965/66

Ernst Dieter Schmidt entfuhr der Überraschungssatz im Titel, "Den Mann kenn' ick, bei dem hatt' ich mal Unterricht", als er Wieland Rödel 1973 unverhofft wiedertraf.


"Er war Junglehrer an der POS 'Thomas Müntzer' in Ziesar, 1965 oder 66, nur sieben Jahre älter als wir, da war ich in der Abschlussklasse 9 oder 10. Kunsterzieher war er. Und wollte uns das Zeichnen beibringen."

< Und - hat er's geschafft?

"Na ja, bei mir nicht. Ich kann nur malen, die Wände bunt malen...", schmunzelt der ehemalige Schüler heute noch.


> Und Sie haben den Kontakt gehalten, all die Jahre?

"Nee, dat is wieder 'n ganz dollet Ding. Uta, seine Frau, und meine, die waren ja in eener Klasse ..."


"Stimmt", wirft seine Frau Christiane ein, die sich spontan unserer kleinen Talk-Runde anschließt, "von der 7. bis zur 10. Klasse."






"Ja, det war'n Freundinnen. Und wie dat so is, sind wir später mal eingeladen gewesen von ihrer Freundin, 1973, als Wieland schon mit ihr verlobt war. Wir komm'n da rein - und ick dacht', ich spinne: mein alter Lehrer!"

> Das ist ja jetzt ein volles halbes Jahrhundert her!

"Ja, ja, lange her, aber er sieht noch jenauso ...", er überlegt ...

> ... alt aus ...?

"Dat is juut", lacht der Schüler von damals. "Nee, nee, jung wie anno dazumal."

"Ja, das ist eine Freundschaft, die nie so eng gewesen ist, aber nie aufgehört hat", freut sich Christiane Schmidt über die anhaltend stabile Beziehung. Könnte auch eine paartherapeutische Weisheit sein, die sie da verkündet!

1976

Die Rödels ziehen in einen Neubau der Potsdamer Wohnungsgenossenschaft (PWG 1956 eG) und treffen dort auf Gudrun und Jürgen Raddatz. Die Familien knüpfen und pflegen enge nachbarschaftliche Bande.

Jürgen und Gudrun Raddatz

"Wir sehen uns jetzt in lockeren Abständen", sagt der ehemalige Nachbar Raddatz, "aber ich bin fast immer mit auf seinen Ausstellungen, wie auch jetzt wieder, und ich hab' mitgeholfen aufzubauen, macht Spaß. Er hat ja ein großes Reservoir an Kunstschätzen in Haus und Keller."


1989
Iris Spiegel aus Bonn, neben ihr Jürgen Raddatz

Offene Grenzen zwischen Ost- und Westberlin, zwischen Ost- und Westdeutschland seit dem 9. November 1989.


Bonn, die damalige Bundeshauptstadt, ist 1988 eine Städtepartnerschaft mit Potsdam eingegangen. Zu Silvester 1989 lassen sich die Bonner eine besondere Geste der Verständigung zwischen den beiden deutschen Städten einfallen. 200 Potsdamer werden nach Bonn eingeladen, nicht in kommerzielle Hotelunterkünfte, sondern in private Häuser mit Familienanschluss. Auch Uta und Wieland Rödel mischen sich unter die geladenen Gästen aus dem Osten. Iris Spiegel und ihr Mann öffnen ihre Bonner Türen. Und Herzen. Wiedervereinigung beginnt in der Keimzelle der persönlichen Freundschaft.


In einem Skizzenbuch des Künstlers finde ich auf der Vernissage eine Zeichnung, die Jahre später entstanden ist - vielleicht mit einem besinnlichen Blick zurück auf die "Bonner Dächer" und die Anfänge dieser deutsch-deutschen Freundschaft:

Aus: Wieland Rödel, Skizzen. 1980 - 2014.

Ausklang mit ganz vielen launigen Gesprächen ...

Rein ins Vergnügen mit dem Klick auf den Pfeil > im rechten Bildrand:

... und ehrlichen Worten aus dem Gästebuch:


*****

16. April - 14. Mai 2023

Sa / So, 11 - 18 Uhr

Kulturkirche Petzow

Fercher Straße 52

14542 Petzow / Werder

Eintritt frei





Veranstalter: Landkreis Potsdam-Mittelmark

Kulturreferentin: Doris Patzer

Telefon: 033841-91442 Internet: www.Potsdam-Mittelmark.de



Nachwort:

Dieser Rödel hängt nun

in unserem Heim:

Wieland Rödel, Liebermann Villa am Wannsee (2015), Acryl auf Leinwand



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