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Kreativ nicht nur im Herbst - Malen mit Wachs und heißem Eisen

Aktualisiert: 18. Okt. 2021

Siegrid Müller-Holtz weckt mit Wachsmalerei Begeisterung und Talente im Atelier Pro Arte in Caputh

Kinderleicht - mit Wachsmalstiften Bilder herzustellen? Kinder sind begeistert, finden es toll, wir Erwachsenen tun uns eher schwer. Wir sind oft zu pingelig und ungeduldig, wollen mehr Präzision, als es die dicken Stifte oder Kreiden erlauben. Und das Kolorieren von Vorlagen unterfordert uns? Ist nicht mehr ... altersgerecht?

Aber nichts dergleichen erwartet uns im Wachsmal-Workshop im Atelier Pro Arte am ersten Wochenende im KreativHerbst 2021 in Schwielowsee. Bis auf die Begeis-terung - über unsere schöpferische Tätigkeit, die uns Produkte beschert, die wir uns nie zugetraut hätten.


Hier geht es eineinhalb kurzweilige Stunden lang um Enkaustik (oder Encaustic): das Malen mit speziellen Wachsfarben, die mit einem Maleisen erhitzt und auf einen Malgrund auf-getragen werden. Der Name kommt aus dem Altgriechischen und bedeutet eingebrannt.


Wir sind zu Gast in den Räumen des Ateliers Pro Arte in Caputh. Hausherrin und Malerin Siegrid Müller-Holtz erwartet ihre Kreativ-Gäste, die durch den Toreingang an der Straße oder durchs Gartentor an der Havelpromenade eintreten.


Sie begrüßt und ermuntert uns: "Über meine Gäste kann ich mich nicht beklagen. Sie kommen in Scharen zum Malen, nicht nur im KreativHerbst. Neugierig sind sie alle, aber erst trauen sie sich nicht, weil ihnen die Technik unbekannt ist. Aber dann sind sie total begeis-tert, wenn sie sehen, es gelingt ihnen ein Wachsbild. Und nicht nur eins!"

In einem lockeren Einführungs-gespräch beim Rundgang durchs Studio bringt uns Siegrid Müller-Holtz die Maltechnik Enkaustik (auch Encoaustic) und deren eindrucksvollen Gebilde näher - mit viel Anschaulichkeit an den Wänden und auf den Tischen ihres Ateliers.















Das ist unser Handwerkszeug


Das Maleisen: ein speziell hergestelltes Bügeleisen, kein handelsübliches Haushaltsbügeleisen, für Rechts- und Linkshänder geeignet. Temperaturen zwischen 70° und 180°. Kante, Spitze und Malplatte sind für unterschiedliche Effekte nutzbar.

Enkaustikfarben sind lichtecht und aus Bienen-wachs hergestellt, damit werden Farbpigmente gebunden. Diese Wachs-farben haben beste Fließ-eigenschaft, erkalten in Sekunden. In Stiftform für kleine Farbfläche oder filigrane Arbeiten und Details oder in Blockform für Profis und Vielverbrau-cher. Klarwachs macht das Maleisen sauber, einfaches Zewa-Papier aber auch. Weitere Arbeitsmittel: Kugelschreiberspitze, Schaschlikstäbchen, Spachtel, um Farbverläufe umzulenken, z.B. Blüten-blätter herauszuziehen oder seine Signatur weiß aus der Untergrundfarbe herauszu-kratzen.

Enkaustikpapier mit hitze-beständiger Beschichtung, damit die Farbe nicht ein-sinkt. Heute arbeiten wir in Postkartengröße, DIN-A6. Ein Passepartout gibt unserem Bildmotiv den künstlerischen Rahmen.

Technik lernen am Modell - Anschauung ist alles!

Vor unsern staunenden Augen lässt Malerin Siegrid ein Wachsbild live entstehen. "Haben Sie vorher eine Gestaltungsidee?", will Madeleine aus Berlin wissen. "Nein", sagt die Künstlerin, "ich lasse mich spontan lenken. Was ich vorher weiß, ist nur, ob ich floral oder experimentell arbeiten möchte."


Den Hintergrund

in der oberen Bildhälfte gestaltet Siegrid als erstes. "Immer erst flächig arbeiten", erklärt sie, "später dann die Feinarbeit. Tragt zunächst halbseitig auf der Malplatte eure Wunschfarbe auf. Das Eisen vorwärts ziehen heißt: Farbe auftragen. Rückwärts ziehen: Farbe wieder abziehen, teilweise, ungleich-mäßig. So entsteht eine erste Struktur. Ihr könnt auch eine zweite Farbe auftragen, aber Vorsicht: Farben müssen passen, sie mischen sich, sobald ihr das heiße Maleisen auf die erste Wachsschicht aufsetzt."


Für den Vordergrund

im unteren Bildteil wählt Siegrid eine passende grüne Farbe für Florales - ihr Gestaltungsziel. "Der Vordergrund bringt Tiefe", sagt sie, "hier könnt ihr erst eine Farbschicht auftragen - wie in der oberen Bildhälfte." Sie trägt Farbe vorwärts auf, von rechts nach links, und zieht sie mit ungleichem Druck und mit der Längsseite des Eisen nach unten wieder ab (Foto links). "Kreisen mit dem Eisen geht auch", reimt sie unfreiwillig. "Dann könnt ihr hier mit weiteren Techniken schon mit der Feinarbeit anfangen." Sie wischt das Eisen auf Papier ab (Foto rechts) und zieht mit der geschliffenen Kante des Maleisens aus dem noch warmen Farbauftrag Blätterformen und -spitzen heraus (Fotos Mitte und rechts). "Arbeitet mit Schwung", rät sie uns, "und im Stehen. Da habt ihr mehr Kraft als im Sitzen."


Feine Arbeit und fertiges Bild

Siegrid rüstet sich für die finishing touches in ihrem Bild: "Und jetzt passt mal auf: Ich setzte das Eisen auf, drücke es für einen Moment aufs Papier und gleich ziehe ich es senkrecht wieder hoch. In einem Rutsch. Mal gucken, was passiert." Das ist passiert: Aus der vorher noch ungestalteten Farbfläche unten links wächst aus dem heißen Eisen eine 3D-Botanik-ecke mit wundersamer Anpflanzung. Wir staunen: Eine Laune der Natur? He? Wir sind hier im Kunstbereich, in der Nachschöpfung! Ein glückliches Händchen vielleicht? Oder ein professionelles Maleisen? Analyse bringt nicht weiter. Ein kreativer Funke wohl - irgendwo im Fadenkreuz von Maltechnik, Material und Malerimpuls.


Im Selbsttun liegt der Gewinn

Genug gehört und gesehen! Bevor uns die Ehrfurcht vor dem jüngsten Kunstobjekt von Profihand packt und die Messlatte zu hoch liegt, macht sich jede von uns ans Werk. Jede auf ihre Weise.


Wir gruppieren uns um die tavola rasa, den noch unbefleckten Arbeitstisch mit seinen Materialien und Arbeitsmitteln.







Stefanie aus Berlin ist dem Vorbild auf der Spur, erprobt eine neue Technik und gestaltet doch was unerwartet Eigenes: "Draufdrücken mit dem Eisen und in Wellenbewegungen abziehen." Das sieht dann so aus:

Madeleine, mit Freundin Stefanie aus Berlin angereist, erschafft eine Komposition in Blau (Foto links unten). Siegrid schiebt noch einen Schnellkurs dazwischen, wie man Palmenblätter fächert (Fotos Mitte und links):

Britta und ich aus Geltow, wir greifen in die gleiche Farbpalette - und doch entstehen zwei unterschiedliche Fantasielandschaftsbilder. "Die sind fertig", verkündet Siegrid, "ich leg mal ein Passepartout drauf. Seht mal selbst." Stimmt! "Wenn ihr zu lange arbeitet, kann ein Bild kaputtgehen."

Erfolg macht süchtig und mutig

Nach unseren Lehrlingsstücken sind wir nicht mehr zu halten.


Neue Farben, neue Techniken, unter anderem: aus einem Farbklecks, der von der Spitze des üppig mit Wachs eingeriebenen Eisens aufs Papier tropft, mit der Kugelschreibermine Blätter und andere florale Formen herausziehen, dabei auch unterschiedlich dicke Farblinien stehenlassen und Reliefs erzeugen. Oder die Farbtropfen so belassen als Konfetti.

Britta zum Beispiel verspürt einen echten Trainingseffekt nach nur einer knappen Kreativstunde: "Ich hab mich echt gesteigert! Guckt mal, meine bescheidenen Anfänge und dann die Weiterentwicklung!"


Britta wagt zum Abschluss den nächsten kreativen Sprung und stellt eine Art Diptychon her (s. ihr Foto rechts).

"Hat's allen Spaß gemacht?", will Kreativ-Chefin Siegrid Müller-Holtz wissen. Ein einstimmiges Ja!

"Unsere Anreise von über eineinhalb Autostunden hat sich mehr als gelohnt", befinden die Berlinerinnen.

"Es hat halt super Spaß gemacht und schreit nach Wiederholung", schreibt mir Britta einen Tag später. "Morgen und übermorgen kommen die bestellten Utensilien für meine neuen Werke."


Letzter Schliff

"Dann zeig ich euch jetzt noch, wie ihr mehr Farbbrillanz auf eure Enkaustik-Karten zaubern könnt", so leitet Siegrid die Schlussrunde im Workshop ein. "Einfach mit Zewa-wisch-und-weg über die Farbfläche streichen, aber sanft bitte. Als wolltet ihr eure teuren Lederschuhe blankputzen. Und erst, wenn die Farben erkaltet sind. Ihr könnt auch nur Teile aufpolieren und den Rest matt lassen. Kann auch eine plastische Wirkung haben."



Bilder für die Ewigkeit?!

Auch ohne Politur wird die Leuchtkraft unserer Enkaustikbilder überdauern, selbst wenn sie als Geburtstags- oder Weihnachtsgeschenke aus unseren Augen verschwinden - so hörte ich in unserem Workshop.

Wachsmalerei ist langlebiger als die Ölbilder der alten Meister, denen Abdunkeln und Schwundrisse im Lauf der Zeit drohen. Umso erstaunlicher, dass schon, bevor sich die Ölmalerei ab dem 14. Jahrhundert entwickelte, die Enkaustik in Vergessenheit geriet und lange nicht wiederbelebt wurde. Immerhin hatte sie vor Jahrtausen-den ihre Blütezeit im alten Ägypten begonnen und ihre Erfolgs-geschichte in der griechisch-römischen Antike fortgesetzt. Noch heute können wir an der Büste der Nofretete brillante Wachsfarben bewundern. Eine Analyse des Wachses ergab ein Alter von etwa 3350 Jahren! Damals arbeiteten Maler schon mit Bienenwachs, aber zeitgemäß mit heißen Spachteln über glühenden Kohlebecken. Kohlausstieg war noch eine entfernte Vorstellung.


Wem ein Besuch bei Exponaten mit Enkaustik-Malerei im Ägyptischen Museum in Kairo zu zeitaufwändig oder zu kostenintensiv vorkommt, kann Nofretete als Hauptattraktion im Neuen Museum auf der Berliner Museumsinsel bewundern. Wen es allerdings dazu drängt, nicht nur mit den Augen, sondern mit Hand und Herz bei der Wachsmalerei dabei zu sein, der halte es - mal wieder - mit Albert Einstein:


Komm nach Caputh, pfeif auf die Welt!


Hier die genaue Adresse für Einsteins Lockruf:

Atelier Pro Arte, Weinbergstraße 20


Info: Die Workshops "Wachsmalerei" mit Siegrid Müller-Holtz gibt es ganzjährig, sie stehen allen Talente und solchen, die sich noch entdecken möchten, offen, Erwachsenen wie Kindern (ab 10 Jahren). Näheres zu Öffnungszeiten, Teilnehmerzahlen und Preisen erfahrt ihr über einen persönlichen Kontakt mit der Künstlerin: 033209 80249 oder siegrid@mueller-holtz.de














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