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  • AutorenbildHilda Steinkamp

"Ich will, dass ihr geistig tanzt!"

Akkordeonistin Bettina Born gibt den Ton an in der Petzow Kirche

"Sie ist eine einmalige Künstlerin,

sie spielt in ganz Deutschland, tourt durch ganz Europa, sie spielt solo und mit Partnern Kammermusik und sie musiziert mit Staatsorchestern!"

So stellt Doris Patzer die Solistin vor, die an diesem Konzertnachmittag am 12. Juni 2022 in der Kulturkirche Petzow ein kleines Publikum mit ihrer Musik unterhalten will:

Akkordeon-Virtuosin Bettina Born aus Jena.


"Ich spiele nur eigene Kompositionen, und heute davon nur die Stücke, die über die Jahre zu meinen Lieblingskompositionen geworden sind", kündigt die Musikerin an.


Im Programm hat sie Melodien zwischen französischem Musettewalzer und argentinischem Tango. Und: Darf auch getanzt werden zum Walzer oder Tango? "Nein, tanzen lenkt ab vom Musikgenuss", kommt die klare Antwort. "Ich will, dass ihr geistig tanzt."


Oh ha, das wird spannend! Auf unseren Holzbänken im kühlen Kirchenraum erwartet uns etwas Besonderes:


Eine Akkordeonreise auf fantasievolle Weise

Bettina Born eröffnet die Reise mit Musetteklängen in vertrauten Walzerrhythmen des französischen Volkstanzes, ich beginne geistig einen sommerleichten Reigen: unter den Brücken der Seine in Paris zu einem Akkordeon spielendem Clochard, auch wenn dies eine romantisierende Vorstellung vom kargen Leben unter freiem Himmel ist. Eine Illusion für drei Minuten Spielzeit.


Das nächste Stück, ein Tango, heißt "Zwischen den Stühlen", thematisiert "das Problem, sich nicht entscheiden zu können." So der Denkanstoß der Musiker-Moderatorin. Und ja, diese Klänge bringen die Zerrissenheit eines Zweifelnden an mein Ohr, aufwühlend, feurig und auch voller Trauer, mit abrupten Wechseln in Tempo und Rhythmik.


Weiter schlendern wir zu ihren Akkordeonklängen "Am anderen Ufer der Spree", leichtfüßig, entschleunigt, mit allen Sinnen unterwegs, dann wieder belebt, den Schleifen und Bögen des Flusslaufs folgend, ausschweifend - und schließlich ermattet am Ziel.

Kontrastprogramm: Im nächsten Stück eine unerwartete "Begegnung mit einem Dachs" - auf der Autobahn kurz vor dem Ziel. Die fließenden Klangbewegungen - da hat's eine/r eilig ans Ziel zu kommen - gehen über in abgestoppte Rhythmen, vom Geschwindigkeitsrausch zur Vollbremsung und weiter zur behutsamen Navigation, um eine Kollision zwischen Tier und Technik zu verhindern. Drama pur! Und ausgelöst in unseren Köpfen durch die sparsame, aber bedeutungsvolle Anmoderation der Künstlerin vor ihrem Stück.

Nach so viel Anspannung sorgt die Ballade "Sommerwind"(Viento del verano) für entspannenden Ausgleich. Die Musikerin verzichtet auf Erklärungen zum Titel und zu Beginn ganz auf Tastatur und Bassknöpfe, die Instrumententöne erzeugen könnten. Stattdessen wischt sie mit der flachen Hand mehrfach über das glatte Gehäuse - das dringt wie Meeresrauschen an unsere Ohren. Sie zieht dann den Faltenbalg auseinander bis zur maximalen Ausdehnung und drückt ihn wieder langsam zusammen - der so generierte hörbare Spielwind liefert unserer Imagination warmen, fächelnden Seewind zum sanften Wellenschlag des Meeres. Erst dann kommen Tasten, Knöpfe und Blasebalg im Zusammenspiel zum Einsatz, die langgezogenen sanften Klänge übersetzen wir mühelos in sommerliche Windbewegungen.


Nicht erst bei diesem Stück wird uns Zuhörern klar, wie meisterhaft Bettina Born ihr Instrument spieltechnisch beherrscht und wie kreativ sie Tasten, Knöpfe, Balg und andere Bauteile des Akkordeons zum Klingen bringen kann.


Wie bringt sie es zu dieser Meisterschaft? "Früh anfangen", lacht die Musikerin. "Das Akkordeon war das Hauptinstrument zu DDR-Zeiten. Ein Klavier wäre auch für unsere Wohnung zu groß gewesen. Früh zur Musikschule, früh den Wunsch fassen, Berufsmusikerin zu werden."


Und noch eine Komposition lebt von einem persönlichen Erlebnis der Musikerin. "Zuhause auf meiner Terrasse in Jena kann ich stundenlang den Vollmond genießen und dabei lausche ich der Nachtigall." Im Stück Luna llena entlockt sie ihrem Instrument langsam gedehnte Tonfolgen, so wie der Mond ruhig seine langen Bahnen am nachtblauen Himmel zieht. Dazwischen werden helle, freche Töne laut: flötend, wachrüttelnd, aufmüpfig, trillernd, klagend, sehnsüchtig, schrill und leise - das volle Repertoire aus der Klangfülle des Akkordeons wie aus dem wohltönenden Gesang der Nachtigall (übrigens nur des werbenden Männchens auf Partnerinnensuche).

Sie funktioniert, die Symbiose von Hörgenuss und bildlicher Vorstellung. Diese Noten erzählen Geschichten. Wir sind begeistert.


Ende der Reise
Zur Fotoausstellung an den Kirchenwänden von Kristin Maria Hachenberg: https://www.schwielowschwatz.de/post/mein-markenzeichen-ist-der-besondere-blick

Es ist jetzt fast 16 Uhr. Der Nachtgesang des Vogelmännchens setzt erst um 23 Uhr an, der Abendmond lässt auch noch auf sich warten. So lange können wir nicht bleiben. Heute ersetzt

uns ein "einmaliges" Kulturerlebnis die Natur. Die musikalischen Geschichten von Bettina Born haben uns "geistig tanzen lassen" und bescheren der Künstlerin hochverdienten Applaus.

Dem nicht genug: Doris Patzer verabschiedet die Akkordeonistin mit einem gesunden Potpourri an Naturprodukten aus dem nahegelegenen Sanddorn Garten in Petzow und hofft auf ein Wiedersehen 2023.











"Meine Solo-Programm-Tournee geht 2022 zu Ende. Im nächsten Jahr trete ich mit meinem Pianisten-Partner auf", stellt Bettina Born in Aussicht.

Lesen Sie also beizeiten die Konzert-Vorankündigung:

  • in meinem Blog,

  • auf der Webseite der Künstlerin: http://www.tango-born.de/tango-born/Start.html

  • sowie im Flyer "Veranstaltungen 2023 in der Kulturkirche Petzow" auf der Homepage des Veranstalters: www.Potsdam-Mittelmark.de

Oder kontaktieren Sie Doris Patzer, Kulturamtsleiterin des Landkreises PM in Bad Belzig:

033841 - 91442.


Warum immer wieder die Kulturkirche Petzow?

In den Metropolen Europas unterwegs und dann zum dritten Mal an diesem entlegenen Ort - wie passt das zusammen? "Gut", kontert Bettina Born, "ich bin naturverbunden, der See, die kleine Kirche, das macht es so intim. Ich bin viel dichter dran am Publikum!"





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