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  • AutorenbildHilda Steinkamp

Duo OrgelSax spielt auf in der Schinkelkirche

Aktualisiert: 14. Sept. 2022

Christian Deichstetter und Ralf Benschu musizieren in Petzow quer durch Klassik und Moderne

Christian Deichstetten am Piano, Ralf Benschu am Saxophon

Eine späte Sommersonne beflügelt am 11. September 2022 Besucherschritte hinein in den Kirchenraum, vorbei an erntefrischen Gaben aus dem Dorf,

und schickt ein güldenes Spotlight auf das Saxophon vor der Apsis. In Wartestellung. Wie die beiden Musiker auf der Bank vor der Kirche. Oder in freundschaftlicher Umarmung mit Musikerkollegin Christiane Gericke aus Potsdam.

Nur wenige Sitzplätze bleiben frei in der Kulturkirche Petzow,

Sukrije Indrizi und Christian Seidel von den Havelländischen Musikfestspielen

als Christian Seidel und Sukrije Indrizi vom Veranstalterteam der Havelländischen Musikfestspiele die beiden "Künstler um die Ecke, aus Potsdam" begrüßen und sich über Traumquoten an auswärtigen Besuchern von Berlin bis Leipzig sowie Dauergästen aus der näheren Umgebung freuen. Noch wissen wir nichts von der Doppelbegabung beider Musiker für zwei Tasteninstrumente, Orgel und Klavier, bzw. zwei Blasinstrumente, Saxophon und Klarinette. Alle vier sollen heute zum konzertanten Einsatz kommen. Durch zwei Musiker aus Leidenschaft: Ralf Benschu und Christian Deichstetter aus Potsdam.


Die musikalische Spannweite zwischen Bach und John Williams

könnte größer nicht sein. Das Auftaktstück von Johann Sebastian Bach, "Jesus bleibt meine Freude", scheint dem einstigen sakralen Geist der Petzow Kirche nachempfunden zu sein, die in den 1980er-Jahren entwidmet wurde. Ralf Benschu entlockt seiner Klarinette andächtige Gebetstöne, Christian Deichstetter lässt die Orgel zur Kirchenmusik ertönen.



Auch mit dem zeitgenössischen britischen Komponisten John Rutter geht es in den drei ersten Sätzen seiner "Suite Antique" in verhaltenen Rhythmen weiter. Dann aber überraschen Klarinette und Klavier in den Sätzen "Waltz", "Chanson" und "Rondeau" mit erstaunlicher Variabilität und Wende zu volkstümlichen Tanzmelodien. So werden tänzelnde Walzerschritte und schwungvolle Tanzrunden im Instrumentenzusammenklang hörbar. Mit langgezogenen Tönen der inneren Bewegung ersetzt der Klarinettist die Gesangsstimme eines Chansoninterpreten. Ein Klaviersolo setzt den eröffnenden Takt für schreitende Tanzbewegungen im Rondo, der Pianist beschleunigt unisono mit der Klarinette, beide gehen über in springende Rhythmen eines ausgelassenen Rundtanzes wie auf fröhlichen Volksfesten.


Saxophon-Solo unten im Kirchenschiff, Orgel-Solo oben auf der Empore - zu Kompositionen von Kirchenmusiker und Benediktinermönch Laurentius Schlieker füllen beide Musiker den Klangkörper des Kirchenschiffs mit feierlichen Weisen eines kontemplativen Lebensstils.


Ein Kontrastprogramm zaubern Klavier und Klarinette, wieder vis-à-vis auf dem Steinboden der Kirche. Mit "Irish Tunes" von James Rae wecken sie akustische Vorstellungen und fast räumliche Visionen eines Irish Pub mit seinen stimmgewaltigen Trinkgelagen: "A Drop o' the Hard Stuff" und "Harry's Empty Glas" sind zwei beredte Titel für irische Trinkleidenschaft. Und kein Irish Pub ohne vergnügliche Gruppentänze. Potsdamer Piano und Klarinette stehen den traditionellen irischen Instrumenten Fiddle, Flöte, Harfe und Dudelsack in nichts nach.


Wir Zuhören spüren regelrecht die festen, klobigen Schritte der irischen Tanzbeine. Laut und derb und vital kommen sie daher, paarweise oder in Männer- und Frauenreihen, dabei behände und elegant in den Drehungen - reale Klang- und vorstellbare Körperbewegungen voller pulsierender Lebensfreude. Auch die Instrumentenspieler in der Petzow Kirche verströmen sichtbar echte Spielfreude.

Die Erwartung heißer südamerikanischer Tango-Rhythmen von Bandoneon-Virtuose Astor Piazzolla wird von den Musikern in Petzow schlicht durchbrochen. Orgel und Klarinette intonieren zu "Ave Maria" sanftmütige christliche Verehrung. Nach Hans-André Stamms Kompositionen vereinen Orgel und Saxophon ihre traditionellen Aufgaben als Soloinstrumente in der Liturgie bzw. im Jazz, Swing und anderen populären Musikgenres zu konzertanten Rollen.

Zum Programmschluss erinnert die Klarinette in Ralf Benchus eingespielten Händen an ihren Einsatz in der Marschmusik. In John Williams' "Raider's March", einer Filmmusik aus "Indiana Jones", klingen die Klarinettentöne wie hurtige Pferdehufe in der Weite einer Landschaft, suggeriert durch Christian Deichstetters ausgedehnte Orgeltöne. Instrumentenklänge werden eindringlicher: intensiver die Klarinette, dröhnender die Orgel, beide beschleunigend wie bei einer bedrohlich näher rückenden Kavallerie, fast martialisch, wenn die Klarinette einer Fanfare gleich zum Angriff ertönt. Dann allmählich gedämpfte Töne beider Instrumente, Erschöpfung im Klang wie im Kampf, Sieger wie Besiegte ermattet, entspannte Rhythmen kündigen den Rückzug an, der Sturm des Angriffs ist vorbei.


Das Konzert auch. Publikum und Solisten sind gleichermaßen beglückt. Hohe Klangkunst zweier Musiker auf vier Instrumenten. Anhaltende Aufmerksamkeit über 70 Konzertminuten und Hochachtung von gut 100 Zuschauern. Das verdient einen klangvollen Applaus und eine ebensolche musikalische Zugabe.

Die Klangvirtuosen

blicken auf eine 44-jährige förderliche Verbindung zurück. "Mit 16 Jahren kam Ralf zu mir", erinnert sich Christian Deichstetter, nach seinem Studium zum Kapellmeister von 1975 bis zu seinem Ruhestand ab 2018 in wechselnden Funktionen am Hans-Otto-Theater in Potsdam tätig: als Tutor, Chordirektor und zuletzt als Musikalischer Studienleiter.






"Ich habe ihn bei seinen Abschlüssen an der Oberschule und an der Hanns-Eisler-Musikhochschule in Berlin an der Orgel und am Klavier begleitet." Seitdem seien sie über ihre Freude an der Musik und am gemeinsamen Musizieren verbunden.


Das heutige Konzert lässt keinen Zweifel daran.








Ralf Benschu ist freiberuflich als Musiker auf Tour, überwiegend mit Rock- und Jazz-Gruppen. Als Musikpädagoge ist er an der Städtischen Musikschule Potsdam beschäftigt, als Lehrbeauftragter an der Universität Potsdam .









Die 22. Havelländischen Musikfestspiele 2022 gehen weiter






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